Native Instruments Traktor Kontrol S5 Test

Native Instruments Traktor Kontrol S5 ist die kompakte Ausgabe des Kontrol S8. Wie der große Bruder verzichtet auch diese Konsole auf Jogwheels zugunsten von Touchstrips und bringt Performance-Pads zur Kontrolle diverser Live-Remix-Tools mit. Vier Kanalzüge bieten euch die Möglichkeit, mit Track-, Stem und Remix-Decks simultan zu arbeiten. Dabei ist es nicht nötig, während der Session zum Laptop zu schauen, denn alle relevanten Daten lassen sich auf den integrierten Bildschirmen ablesen. Entscheidende Fragen neben Güte, Sound und Performance sind sicherlich, wie sich die Einschnitte gegenüber dem Flaggschiff auf den Workflow auswirken und welchen Controller man sich für seine persönlichen Zwecke zulegen sollte, immerhin lassen sich beim Erwerb gut 400 Euro sparen. Doch das sind nur zwei Aspekte.

01_NI_Kontrol_S5_46

 

Details

Erster Eindruck

An der Fertigungsqualität gibt es nichts auszusetzen. Das schwarze Gehäuse mit der gebürsteten Frontplatte ist reisetauglich robust. Mit einer Tiefe von 32 und einer Länge von 50 Zentimetern nimmt der S5 bei 3,7 Kilo Gewicht rund 15 Prozent weniger Stellfläche ein als das Spitzenmodell und ist 1,5 Kilo leichter – ein weiterer Vorteil auf der Piste. Sechs wirklich große Gummipads sorgen für einen sicheren Stand auf glatten Unterlagen. Gut so, denn manch einer geht beim Fader-Schubsen und Tastenhämmern bekanntlich beherzter zur Sache.
Ein erstes Befingern zeigt sanft gleitende Flachbahnregler und auch der Crossfader flutscht. Wobei zu erwähnen wäre, dass sich im Gegensatz zum S8 weder Kurve noch Kanalzuweisungen anpassen lassen. Dies erscheint auch  logisch, denn der Fünfer verfügt nicht über Plattenspieler-Inputs für Scratcher. Dementsprechend finden sich an der Vorderseite lediglich die beiden Kopfhörerausgänge ein, die Sektion der Schalter fällt weg. Was allerdings beim Direktvergleich auffällt: Die Drehregler, vor allem in der Effektsektion, bringen einem mehr Widerstand entgegen, zumindest ist dies bei meinem Testmodell so. Könnte sein, dass sich dies im Laufe der Zeit etwas legt, aber ich finde es gar nicht so schlecht.

Backpanel

Die Rückseite, wo auch Netzteilanschluss, Einschaltknopf, USB-Buchse und Kensington-Aussparung logieren, zeigt links zwei 6,3-Millimeter-Klinkenausgänge für die Monitoranlage, dazu symmetrische XLR-Masters für Profi-PAs und einen Stereo-Cinch-Ausgang für beispielsweise einen Hi-Fi-Verstärker. Eingangsseitig stehen einmal Mikrofon (Standardklinke) und einmal Aux zur Verfügung.
Ein besonderer Clou hier: Ist der S5 ohne Computeranbindung besaftet und eingeschaltet und ich betätige den Aux-Button im Zentrum, stellt der Loop-Encoder rechter Hand den Mikrofonpegel ein, der linke hingegen regelt die Line-Lautstärke, abzulesen an den 25 LEDs des Touchstrips. Ihr könnt das Signal natürlich auch als Live-Input in Traktor routen.
Beim Audiointerface (24 Bit, 48 kHz, 4 in, 4 out) setzt Native Instruments nach wie vor auf die gut klingenden Wandler von Cirrus Logic und der Kopfhörerverstärker sorgt für ordentlich Schub auf dem angeschlossenen Sennheiser HD8 – kristallklar und ohne zu zerren.

Fotostrecke: 4 Bilder Deck-Design mit Displays und Touchstrip.

Layout

Zweifelsohne ist der S5 ein echter NI, ergo wartet jeder Mixer-Kanal mit 45-Millimeter-Fadern, Cues sowie einem Dreibänder nebst Filter auf und ist, abgesehen von den Schaltern für das Eingangsrouting (Mic/Player), identisch zum S8. Dementsprechend finden sich die Pegelsteller für die Ausgänge und den Kopfhörer in der Mitte ein und nicht wie bei einem Clubmixer an der Flanke.
In der FX-Sektion hat „FX Select“ das Zeitliche gesegnet, stattdessen bemüht man sich der Shift-Taste, die auch Gruppen- und Single-Modus aktiviert sowie Insert, Send und Post-Fader festlegt. Die Transportsektion mit dem Touchstrip zum Phasenangleich, Suchen und Scratchen ist 1:1 beibehalten worden, ebenso die sehr gut aufgelösten, kontraststarken Vollfarbbildschirme mit den umgebenden acht Funktionstasten. Sie zeigen euch Titel-, Zeit-, Key- und Tempoinformationen, Cover-Art, zoombare Wellenformen, Grids und Cues. Die Größe von 10 x 6 Zentimetern ist gut dimensioniert. Je nach Umgebungssituation lassen sich Helligkeit und RGB-Werte anpassen.
Die Performance-Sektion beginnt wie beim S4 mit zwei Encodern, nämlich Browser und Loop, zwischen denen es sich die Deck- und Back-Tasten gemütlich gemacht haben. Die äußere Vertikale des S8 wurde an beiden Flügeln abgetrennt. Die Funktionstasten für Hotcue, Freeze, Remix und Flux wurden von der Seite ins Zentrum verlagert. Weitere Tasten und Regler, die dem Rotstift in dieser Sektion zum Opfer gefallen sind, wären Capture und Edit. So wirkt der S5 weniger „busy“ auf der Bedienoberfläche und entsprechend einsteigerfreundlich. Zeit herauszufinden, wie sich das Handling in der Praxis darstellt.

Fotostrecke: 3 Bilder Vier Kanäle zum Austoben und ein tolles Farbschauspiel am Screen und bei den Pads: Vor allem, wenn Samples, Slices und Stems via Pad-Matrix abgefeuert werden.

Praxis

Bevor es ans Eingemachte (Testrechner MacBook Pro, OSX 10.10) geht, ist das Update Traktor 2.10 aufzuspielen, das die Treiberunterstützung für den S5 enthält. Dieser verlangt beim Hochfahren gleich nach einem Firmware-Update, das ruckzuck downgeloadet und aufgespielt ist. Es folgt der Import der Library und danach ist alles autokonfiguriert.
Ein paar Tracks landen via Encoder im Deck, das Display zeigt euch sämtliche Einträge der Traktor-Seitenleiste und die Titel mit Cover an, man fühlt sich sofort angekommen. Wer möchte oder muss, sortiert via Encoder nach Artists, Titel, BPM oder Key. Die farbliche Kenntlichmachung der Tonart im Open-Key-System gibt auch gleich einen Hinweis, welches Musikstück harmonisch zum laufenden Titel passt. Ansonsten dürft ihr die Tonart auch per (Browser-) Encoder transponieren.
Ob ihr beim Mixen mit dem Touchstrip arbeitet oder euch für Autosync entscheidet, ist eine Philosophie-Frage. Im ersten Fall steht der Streifen einem Jogwheel kaum nach, im letzten Fall lässt sich das Master-Tempo direkt mit dem Drehgeber im Mixerzentrum vorgeben und ihr könnt im Laufe des Sets peu à peu einen Zahn zulegen, ohne dass es auffällt. Das hundertstelgenaue Einstellen der Deck-Geschwindigkeit ist natürlich ebenso möglich.

Fotostrecke: 2 Bilder Remix-Deck: aufbereitet am Display

Pads

Die Pad-Matrix wartet mit den Modi Hotcues, Remix-Deck und Freeze auf. Acht Schnellsprungmarken also und ebenso viele direkte Sample-Trigger, die am S5 ohne den vollen Umfang der Tweak-Optionen, sieht man mal von Loops und Quantisierung ab, auskommen müssen. Nicht wenigen DJs dürfte das Spielen mit One-Shots und Schleifen hier schon ausreichen. Die Möglichkeit, im Freeze-Mode einen fortlaufenden oder geloopten Track-Abschnitt in acht Scheibchen von 1/32 bis 32 Beats zu schneiden und diese quantisiert anzuspielen, schafft weitere kreative Initialzündungen.
Handelt es sich stattdessen um ein Stem-Deck, bei dem ihr vier Einzelspuren innerhalb eines Musiktitels durch den Wolf drehen könnt (z. B. Drums, Bass, Keys, Vox), hält die obere Reihe Pads zum Muten der einzelnen Spuren her, wohingegen die untere Zeile für die jeweilige Taste/Tonspur (Mehrfachauswahl möglich) via Encoder die Lautstärke und das Filter justiert. Die Effkete werden mittels Shift-Taste zugewiesen. Nicht so intuitiv wie beim Flaggschiff (siehe nächster Absatz), aber dennoch gut gelöst. Das alles wird am Display vortrefflich aufbereitet und macht einen Heidenspaß! Die Tasten und Regler reagieren äußerst direkt, die Performance stimmt.

Fotostrecke: 3 Bilder Der S8, hier im Hintergrund zu sehen, bietet mehr Inputs …
Audio Samples
0:00
Z-Iso Filter Ladder Filter Xone Filter

S5 oder S8

In der Performance-Sektion gibt es ein großes Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden Brüdern, bietet der S8 doch separate Fader und Drehregler pro Sample/Stem-Kanal und Mute-Buttons. Wer nicht nur gelegentlich mit Remix- und Stem-Decks auflegen möchte, sondern jedes Detail möglichst im Direktzugriff benötigt, kommt am S8 und seinem Workflow kaum vorbei. Wer es nicht so detailliert braucht, Wert auf kompakte Maße legt und keine externen Geräte wie Turntables, Drum Computer oder MIDI-Peripherie anschließen möchte, ist auch mit dem S5 gut beraten. Womit wir beim nächsten Punkt wären.
Da der S8 als Standalone-Mixer fungiert, offeriert er an seinem Backpanel Cinch-Eingänge für bis zu vier Turntables und/oder CD-Player. Außerdem finden sich dort MIDI-I/Os und eine zusätzliche XLR-Buchse für Mikrofone ein. Er kann im Verbund mit externen Zuspielern das Zentrum eines DJ-Studios oder Live-Setups auch beim Einsatz externer Geräte bilden. Der S5 hingegen hat keine Standalone-Pultfunktion, kann jedoch das Aux- oder Mike-Signal direkt auf den Master ausgeben. Sprich, auch bei einem Rechner-Absturz werden Sound vom iPhone und Ansagen durchgeschleust. Nicht mehr, nicht weniger.

Fazit

Mit dem Traktor Kontrol S5 DJ-Controller baut Native Instruments eine kompakte, übersichtliche Spielwiese zum Auflegen und Live-Remixen vornehmlich, aber nicht ausschließlich elektronischer Musik, die durch ihre integrierten Displays, ein großzügiges Bedienlayout und ihr farbenfroh unterstützendes Status-Feedback eine Arbeitsweise zulässt, die ihresgleichen sucht. Das hochwertig verarbeitete, gut klingende Gerät ist mit zwei Kopfhöreranschlüssen sowie Ausgängen für Master und Booth ausgestattet, zudem könnt ihr einen Line-Zuspieler und ein Mikrofon anschließen und diese ohne Computeranbindung ausgeben. Der Controller ist außerdem Stems-kompatibel. Eine Traktor-Vollversion liegt bei. Sicher, 799 Euro sind nicht ohne und man muss man im Vergleich zum S8 einige Zugeständnisse machen, gerade was die Anschlussmöglichkeiten und die taktile Kontrolle über die „Kreativ-Decks“ angeht. Dafür ist es aber auch weitaus schwieriger, zu fortgeschrittener Stunde versehentlich den falschen Stems-Fader runterzuziehen, da dieser einfach nicht vorhanden ist. Wer auf die volle Bandbreite des Flaggschiffs verzichten kann, ist beim S5 gut aufgehoben und spart dabei noch richtig Geld.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Aussagekräftige, Workflow-unterstützende Displays
  • Berührungsempfindliche Bedienelemente
  • Multifunktionale Performance-Pads
  • Zahlreiche kreative Bordmittel
  • Ergonomisches Layout
  • Solide Verarbeitungsqualität
  • Gute Audioeigenschaften
  • Stem-kompatibel
  • Notebook-Screen weitgehend obsolet
  • Notfall-Aux-In
Contra
  • Kein Standalone-Mixer
  • Kein direktes Line/Mic-Capturing für Remix-Decks
Artikelbild
Native Instruments Traktor Kontrol S5 Test
Für 699,00€ bei
Native Instruments Traktor Kontrol S5
Native Instruments Traktor Kontrol S5
Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.